Mit Märchen das Schreiben lernen

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Inhaltsverzeichnis

Kurzinformation

Diese Beschreibung wurde erstellt von Alexander Kurek im Rahmen des Seminars Internetbasierte Kommunikation im Deutschunterricht (WS 2007/08).

AUTOR(EN) QUELLE
Alexander Kurek
ZUORDNUNG UMFANG DER UNTERRICHTSEINHEIT
Gymnasium, Klasse 7/8, Fach Deutsch 8 Unterrichtseinheiten zu je 45 Minuten, Doppelstunden erwünscht
IN DER PRAXIS ERPROBT? LEHR-/LERNZIELE
Nein Mit dem Projekt soll nicht nur die Schreibmotivation der Schülerinnen und Schüler gefördert werden, sondern auch ihre Schreibfertigkeit jenseits der bekannten Methoden zum Einüben traditioneller Aufsatzformen, bei dem die Schülerinnen und Schüler entsprechende Kriterien der Beschreibung, Erzählung oder Interpretation erlernen

Zusammenfassung der Unterrichtsidee

Schülerinnen und Schüler der Stufe 7/8 des Gymnasiums erstellen kollaborativ ein Märchenbuch-Wiki. Ziel der Unterrichtseinheit ist der Erwerb von hilfreichen Methoden zur Texterschließung und -verbesserung.

Im ersten Teil der Unterrichtseinheit sollen die Schülerinnen und Schüler einen Text u.a. in Bezug auf Originalität, Sprache, Kohärenz und Struktur überarbeiten. Im zweiten Teil erstellen sie in Kleingruppen kollaborativ eigene Texte in einer Wiki. Die Schülerinnen und Schüler korrigieren im Rahmen der Gruppenarbeit ihre Texte und geben Anregungen für Verbesserungen.


Titel

Kreatives Schreiben und Hyperfiction – mit Märchen das Schreiben lernen


Technische Voraussetzungen

Es sollten genug PCs für Kleingruppen zu je drei oder vier Schülern und Schülerinnen im Klassenraum vorhanden sein. Zudem sollten sie so aufgebaut sein, dass sich Dreier- oder Vierergruppen um sie herum bilden können. Es sollte ein Lehrer-PC zur Verfügung stehen, auf dem der Lehrer über einen großen Monitor oder Beamer der Klasse die Materialien präsentieren und seine Einführung ins Thema abhalten kann. Es sollte ferner ein Wiki zur Verfügung stehen, welches entweder auf einem schuleigenen Server oder aber bei einem Fremdanbieter gehostet wird. Zwingend notwendig ist eine schulinterne Vernetzung der Rechner. Für den Fall, dass auf einen Fremdanbieter für Wiki-Systeme zurückgegriffen wird, ist auch eine Internetanbindung erforderlich.

Erfahrungen mit dem Einsatz im Unterricht

Nein

Medien/Lernmaterialien

Hierbei wäre zunächst ein auf die benötigten Kenntnisse abgestimmtes Handout für die Benutzung des Wikis zu nennen. Dieses sollte während der Vorbereitungszeit für den Umgang mit dem ausgewählten Wiki-System ausgeteilt werden.


Es können sowohl Texte – in diesem Entwurf habe ich mich für Märchen entschieden – aus dem Schulbuch oder einer Internetquelle (z. B. Gutenberg) gewählt werden. Es ist aber nicht Absicht dieses Projektes, den Schülerinnen und Schülern für ihre Arbeitsaufgabe den ganzen Text zur Verfügung zu stellen. Der Lehrer hat daher den entsprechenden Text zuvor angemessen aufzubereiten. Hierzu gibt es zwei Möglichkeiten: die Schülerinnen und Schüler können entweder in ihrer Arbeitsumgebung eine digitalisierte Fassung oder einen Ausdruck des entsprechenden Anregungstextes erhalten.

Didaktisch-methodischer Kommentar

Lehr-/Lernziele

Mit dem Projekt soll nicht nur die Schreibmotivation der Schülerinnen und Schüler gefördert werden, sondern auch ihre Schreibfertigkeit jenseits der bekannten Methoden zum Einüben traditioneller Aufsatzformen, bei dem die Schülerinnen und Schüler entsprechende Kriterien der Beschreibung, Erzählung oder Interpretation erlernen: Statt der vom Lehrer angestoßenen Verbesserung aufgefallener Schwächen am eigenen Text sollen sich die Schülerinnen und Schüler darin üben, kollaborativ an ihren Texten zu arbeiten, gegenseitig ihre Texte zu prüfen und Schwächen darin gemeinsam zu verbessern – sowohl im Hinblick auf die Textoberfläche (Schriftbild, Rechtschreibung, Grammatik, Ausdruck) als auch im Hinblick auf die Texttiefe bzw. Textkohärenz (gedankliche Beziehungen, inhaltliche Zusammenhänge).

Bezug auf Lehrplan NRW

Dieses Konzept soll die Schreibfertigkeit der Schülerinnen und Schüler fördern und sie anregen, Meinungen und Vorschläge in ihre Erzähltexte einfließen zu lassen. Zugleich sollen die Schülerinnen und Schüler dazu angeregt werden, Texte nicht nur zu überfliegen sondern auch Fragen zum Text zu stellen und zu beantworten. Weiterhin erhebt dieses Konzept den Anspruch, die Experimentierfreudigkeit der Schüler mit Texten zu fördern.

Zur Rezeption von Texten sollen den Schülerinnen und Schülern Hilfen an die Hand gegeben werden, mit denen sie ihre Texte auf ihre Verständlichkeit überprüfen können. Zudem können sich die Schülerinnen und Schüler im Rahmen dieser Themenreihe darin üben, inhaltliche Verknüpfungen und Gedankengänge nachzuvollziehen und zu bewerten.

Kurzbeschreibung

Zu Beginn der Themenreihe steht eine kurze Erläuterung ihres Inhalts und Ablaufs. Anschließend folgt zunächst die Einführung in die technischen Voraussetzungen, d. h. die Einführung in das Wiki-System, welches als Arbeitsplattform dienen soll. Eine darauf folgende kurze Übungsphase soll dem Festigen des zuvor Erlernten dienen. Gegenseitige Hilfe der Schülerinnen und Schüler untereinander ist hierbei erwünscht. Nach Abschluss der Einarbeitungsphase folgt nochmals eine detailliertere Vorstellung des Inhalts der Themenreihe, die sodann in einem ersten Anreiz durch den Lehrer und eine probeweise Aufarbeitung des als Anreiz gewählten Textes (Märchen) sein soll. Hierauf soll die eigentliche Aufgabenstellung folgen, die in den folgenden Stunden in Kleingruppen von drei bis maximal vier Kindern bearbeitet wird. Die Themenreihe endet mit einer Sammlung der erarbeiteten Texte im genutzten Wiki in Form eines Online-Märchenbuches.

Ausführliche Beschreibung

Die Themenreihe ist auf acht Unterrichtsstunden angelegt, wobei Doppelstunden aufgrund der Vorbereitungszeit wünschenswert wären. Ziel des Projektes ist es, den Schülerinnen und Schülern durch kollaboratives Schreiben bzw. durch kommunikatives Arbeiten hilfreiche Methoden zur Texterschließung und -verbesserung näherzubringen, um sie dazu in die Lage zu versetzen, am Ende der Themenreihe ein eigenes Online-Märchenbuch erstellen zu können.


Erarbeitung der erforderlichen Fertigkeiten im Umgang mit dem PC und der Wiki-Technologie

Wie in der Kurzbeschreibung schon angedeutet, sollen die ersten zwei Stunden der Themenreihe – sie sollten möglichst auf eine Doppelstunde gelegt werden – dazu dienen, den Schülerinnen und Schülern das Thema und ihr Arbeitsmittel (das Wiki) vorzustellen und sie in den Umgang damit einzuführen. Hierzu sollte der Lehrer das Wiki bereits vorbereitet und einsatzbereit gemacht haben, so dass es ohne weitere Probleme vom Lehrer-PC aus zu bedienen ist. Die Einführung sollte sich auf die notwendigsten Schritte im Umgang mit Wikis beziehen. Neben der generellen Navigation innerhalb eines Wikis sollten die Tags für Links (intern/extern), Schriftgröße, Textauszeichnung (fett, kursiv, unterstrichen, Textfarbe, Art der Überschrift) erläutert und auch anhand von Beispielen vorgeführt werden. Unumgänglich sind Erläuterungen zum Anlegen neuer Artikel, zur Diskussionsseite und zum Versionsvergleich. Idealerweise sollten diese Hinweise den Schülerinnen und Schülern in Form eines Handouts während der Einführung zur Verfügung gestellt werden. Im Anschluss an die Einführung (geplante Zeit: 45-60 Minuten) sollen die Schülerinnen und Schüler Gelegenheit haben, sich im praktischen Umgang zu üben, indem sie von sich selbst eigene Profile ins Wiki einstellen. Vorab sollte der Lehrer die entsprechenden Profilseiten schon vorbereitet und Links auf diese angelegt haben (Autorenverzeichnis des späteren Märchenbuchwikis).


Textbeispiele mit Erläuterungen für die spätere Arbeit

Zu Beginn der dritten Stunde stellt der Lehrer noch einmal die inhaltliche Planung der Unterrichtsreihe genauer vor ("Mit Märchen schreiben lernen"), wobei er die ersten Schritte skizziert und auf seinem PC ein vorbereitetes bzw. hergestelltes Beispiel für einen Text zeigt:

Die Brautschau
Es war ein junger Hirt, der wollte gern heiraten und kannte drei Schwestern, davon war eine so schön wie die andere, daß ihm die Wahl schwer wurde und er sich nicht entschließen konnte, einer davon den Vorzug zu geben. Da fragte er seine Mutter um Rat, die sprach: „Lad alle drei ein und setz ihnen Käs vor, und hab acht, wie sie ihn anschneiden.“ Das tat der Jüngling, die erste aber verschlang den Käs mit der Rinde: die zweite schnitt in der Hast die Rinde vom Käs ab, weil sie aber so hastig war, ließ sie noch viel Gutes daran und warf das mit weg: die dritte schälte ordentlich die Rinde ab, nicht zu viel und nicht zu wenig. Der Hirt erzählte das alles seiner Mutter, da sprach sie: „Nimm die dritte zu deiner Frau.“ Das tat er und lebte zufrieden und glücklich mit ihr.

Das Märchen in seiner (möglichen) überarbeiteten Gestalt:

Die Brautschau
Es war einmal ein junger Hirt, der gern heiraten wollte und drei Schwestern kannte. Da die eine so schön wie die andere war, ihm die Wahl schwer wurde und er sich so nicht entschließen konnte, einer davon den Vorzug zu geben, fragte er seine Mutter um Rat. Diese sprach zu ihm: „Lade alle drei ein und setz ihnen Käse vor, und hab acht, wie sie ihn anschneiden.“ Das tat der Jüngling, die erste aber verschlang den Käse mit der Rinde. Die zweite schnitt in aller Hast die Rinde vom Käse ab, weil sie aber so hastig war, ließ sie noch viel Gutes daran und warf das mit weg. Die dritte aber schälte ordentlich die Rinde ab und ließ nicht zu viel, aber auch nicht zu wenig an dem Käse. Dies erzählte der Hirte seiner Mutter, die daraufhin sprach: „Nimm die dritte zu deiner Frau.“ Das tat er nun und lebte zufrieden und glücklich mit ihr.

Der Weg zur Überarbeitung soll über den Frontalunterricht erfolgen, bei dem der Lehrer die Schülerinnen und Schüler nach Anregungen für eine Überarbeitung fragt und hierbei auch Anregungen gibt bzw. Vorschläge einfügt.

Mögliche Punkte:
  1. Ideen, Inhalt (z. B. Originalität)
  2. Kohärenz, Textstruktur, Gliederung (z. B. Spannungsbogen)
  3. Leserorientierter Stil (Verständlichkeit des Textes für die Zielgruppe)
  4. Sprachliche Richtigkeit: Grammatik, Orthographie, Wortwahl (z. B. Wiederholungen)

Zum Ende der dritten Stunde sollte dieses Beispiel in seiner überarbeiteten Gestalt vorliegen, so dass der Lehrer in der folgenden Stunde bereits die Arbeitsaufträge für die Gruppen präsentieren kann.


Themenstellung und Vorbereitung der Gruppenarbeit

Die vierte Stunde dient der Vorstellung der möglichen Themen und die Bildung der Gruppen durch den Lehrer. Themen können auf verschiedenem Wege präsentiert werden:

  1. Der Lehrer gibt jeder Gruppe Wörter vor (oder würfelt diese anhand einer Liste aus), die in einem selbst geschrieben Märchen vorkommen sollen.
  2. Der Lehrer gibt den Titel des Märchens an und lässt die Schülerinnen und Schüler frei eine Geschichte hierzu entwerfen.
  3. Der Lehrer gibt jeder Gruppe einen Märchenanfang und lässt die Schülerinnen und Schüler die Geschichte fortsetzen.

Die Kleingruppen

Sobald die Kleingruppen ihre erste Fassung erstellt haben – wobei sie schon während der Produktion eigene Textverbesserungen durchführen sollen –, werden die Texte in der Schreibkonferenz unter Moderation des Lehrers bewertet und Verbesserungsmöglichkeiten vorgeschlagen. Nach Abschluss dieser Phase sollen die Schülerinnen und Schüler in Kleingruppen erneut ihre Texte bearbeiten und die Verbesserungsvorschläge einfließen lassen. Für die gesamte Arbeit sind die vierte und auch die fünfte Stunde eingeplant.


Das Hilfsmittel Textlupe

Für eine weitere Überarbeitungsphase in der sechsten Stunde führt der Lehrer zuvor die Textlupe als Methode zur Textüberarbeitung ein (ca. 15 Minuten). Anschließend arbeiten die Schülerinnen und Schüler noch einmal an fremden Texten und wenden diese Textlupe online auf den Diskussionsseiten der betreffenden Märchen an.

Die leserorientierte Textlupe soll die Schülerinnen und Schüler auf die Wichtigkeit des Rezipienten hinweisen. Die Textbearbeitung mit ihr umfasst drei Fragegruppen an die Schülerinnen und Schüler:

  1. Wie finde ich den Text?
  2. Wie habe ich den Text aufgefasst? Was fällt mir auf? Was könnte man verbessern?
  3. Welche Vorschläge habe ich für den Autor?

Mit Hilfe der Textlupe soll die Kommunikation zwischen Autor und Lesern gefördert werden. Es ist für den Erfolg wichtig, dass sich der Lehrer hierbei nicht wertend einschaltet. Hilfreich ist aber, den Schülerinnen und Schülern eine Zeitspanne vorzugeben, in der die Textlupenarbeit beendet werden soll. Ziel dieser Phase sollten die Einübung eines genaueren Blicks auf den Text und das Erlernen organisierter eigenständiger Arbeit am Text sein.


Letzte Textkorrektur und Veröffentlichung der Texte

In der siebten Stunde soll die Arbeit an der Textlupe mit der abschließenden Korrektur beendet werden. Insgesamt sollte dies 20 bis 30 Minuten beanspruchen. Die verbliebene Zeit wird für die Vorbereitung der Ergebnispräsentation aufgewandt. Hierzu stellt der Lehrer vorbereitete Wiki-Seiten vor und bittet die Schülerinnen und Schüler, in dieser und der nächsten – der achten – Stunde, ihre Ergebnisse einzutragen:

  1. Inhaltsverzeichnis geordnet nach Titeln
  2. Liste der Autoren und ihrer Geschichten
  3. Liste der Figuren aus den Geschichten (mit Verlinkung zu den Geschichten, wo sie vorkommen)

Mit der Veröffentlichung der Endfassung der Geschichten und Listen im Wiki sollte diese Themenreihe abgeschlossen werden.

Ideen zur Abänderung oder Fortführung dieses Entwurfs

  1. Statt der Märchentexte könnten die Schülerinnen und Schüler Märchenparodien schreiben, was für manche sicherlich interessanter sein mag.
  2. Der Entwurf könnte mit einem zweiten Jahrgang noch einmal durchgespielt werden, wobei aber statt eines Wikis ein Forum genutzt wird. Nach Abschluss der zweiten Arbeitsreihe könnte man diese Ergebnisse nutzen, um in einem Oberstufenjahrgang einen Textvergleich verschiedener Textdarstellungsformen vorzunehmen.