Enzyklopädisches und journalistisches Schreiben

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Beschreibung des AG-Unterrichts

An der Wikipedia-Arbeitsgemeinschaft, die einmal wöchentlich in der siebten und achten Stunde des Nachmittagsunterrichts angeboten wurde, nahmen acht Schüler (zwölf bis dreizehn Jahre alt; nur Jungen) des sechsten Jahrgangs auf freiwilliger Basis teil - sieben Schüler entstammen Familien mit Migrationshintergrund.

Vor der Teilnahme an dieser AG belegten die Lernenden eine Computer-AG, in der grundlegende Computerkenntnisse, Grundlagen im Umgang mit dem Internet und Basiskenntnisse in der Textverarbeitung mit Word vermittelt wurden.

Um die Schüler zur Teilnahme an der Wikipedia-AG zu motivieren, stellte die Schule für das Projekt einen Computerraum zur Verfügung.

Das Projekt umfasste fünf Unterrichtseinheiten zu je ein bis zwei (45 bis 90 Minuten) Schulstunden, die im Folgenden dargestellt werden - die in diesem Abschnitt enthaltenen Arbeits- und Aufgabenblätter, welche zwecks empirischer Forschung auf der Grundlage von Inhalten und Leitlinien der Wikipedia erstellt worden sind, stehen unter der Lizenz Creative Commons Attribution-ShareAlike 3.0 Unported (CC-by-sa-3.0).

1. Einheit: Wikipedia-Einführung
2. Einheit: 1. Schreibaufgabe
3. Einheit: Enzyklopädischer vs. journalistischer Text
4. Einheit: Enzyklopädischer vs. journalistischer Text
5. Einheit: 2. Schreibaufgabe


Darstellung und Interpretation der Ergebnisse

Um Aussagen darüber treffen zu können, ob sich die Fähigkeiten der Lernenden infolge der Instruktion verändert haben, wurden auf der Grundlage von textorientierten Schreibprodukten die Stilkompetenzen, über die die Schüler vor und nach der unterrichtlichen Thematisierung funktionaler, sprachlicher und stilistischer Unterschiede zwischen dem enzyklopädischen und dem journalistischen Schreibstil verfügten, gegenübergestellt.

  • Die in den Unterrichtseinheiten thematisierten Aspekte stellten die Basis für die Prüfung der stilistischen Kompetenzen dar.
  • Der Kompetenzprüfung wurden nur die Texte zugrundegelegt, welche von den Schülern verfasst worden sind, die an allen Einheiten der Arbeitsgemeinschaft teilgenommen haben.
  • Die Unterschiede sollen hier anhand einer Tabelle verdeutlicht werden.


Der Kompetenzvergleich zeigt, dass sich die Stilkompetenz der Schüler - mit Ausnahme von Ahmet - infolge der unterrichtlichen Instruktion in unterschiedlichem Maße verändert hat.

Obwohl die Schüler in der zweiten lehrergesteuerten und verständnisintensiven Unterrichtseinheit die zuvor thematisierten Unterschiede zwischen den Schreibstilen reflektieren konnten, haben sie die erworbenen Kenntnisse beim Verfassen des "journalistischen" Textes teilweise oder gar nicht angewendet - überraschenderweise konnte bei dem Schüler (Ahmet), der sich sehr aktiv und interessiert am Unterrichtsgeschehen beteiligte, kein Erwerb von Kompetenzen festgestellt werden. Es hätten durchaus bessere Ergebnisse erzielt werden können, wenn der Unterricht über einen längeren Zeitraum regulär stattgefunden hätte.

Die Schreibprodukte lassen darauf schließen, dass die Schüler nicht in der Lage sind, sich von den Ausgangstexten zu lösen und mit eigenständigen Formulierungen Texte zu verfassen, zumal doch die Inhalte der Texte vor Beginn der Schreibphasen so lange besprochen worden sind, bis die Schüler diese in einigen Worten wiedergeben konnten. Um die starke Orientierung an Texten zu vermeiden und die Lernenden zum Verfassen eigener Texte zu bewegen, könnten im Unterricht gesprochene Texte - zum Beispiel vertonte Wikipedia-Artikeltexte - eingesetzt und auf deren Grundlage kreative Schreibprozesse angeregt werden. Mithilfe eines solchen Verfahrens könnten SuS lernen, Informationen zu selektieren, sich auf das Schreibziel zu konzentrieren und eigene Formulierungen zu entwickeln.

Aus den Ergebnissen lässt sich schlussfolgern, dass nicht nur Kompetenzen zur situativ und kontextuell angemessen Sprach- bzw. Stilwahl (vgl. Storrer 2011 i.Dr.; i.Dr.), sondern auch allgemeine sprachliche und schriftsprachliche (Ausdrucks-) Fähigkeiten der Schüler auf umfassende Weise gefördert werden müssen. Da sich die Schüler hinsichtlich ihrer Kompetenzen und ihrer Kompetenzentwicklung unterscheiden, wäre es auch notwendig, individuelle Fördermaßnahmen einzusetzen.


Reflexion der Erfahrungen

Die Wikipedia-Arbeitsgemeinschaft war anfänglich so konzipiert, dass sie einer Schülergruppe eines achten Jahrgangs angeboten werden sollte - dies wurde auch mit der Schule, die mir die Durchführung des Projekts ermöglicht hat, so vereinbart. Einige Wochen vor AG-Beginn wurde ich darüber informiert, dass sich die Arbeitsgemeinschaft nicht für eine Lerngruppe des achten Jahrgangs, sondern für eine des siebten Jahrgangs organisieren ließe. Aus schulinternen Gründen konnte aber leider auch dies nicht realisiert werden. Nach mehreren Absprachen wurde mir eine Schülergruppe der Klassenstufe sechs zugeteilt und der AG-Unterricht begann später als geplant - die Schüler entschieden sich freiwillig für die Teilnahme an der AG.

Die Lernenden verfügten über mäßige Ausdrucksfähigkeiten; sie waren oft sehr unruhig, wirkten häufig unkonzentriert und hatten große Schwierigkeiten damit, sprachbezogene Aufgaben zu bearbeiten und über Sprache zu reflektieren. Um sie zur Teilnahme am Unterrichtsgeschehen zu motivieren, bekamen sie am Ende jeder Einheit die Möglichkeit, im Internet zu surfen und den eigenen Interessen nachzugehen.

Es war eine große Herausforderung für mich, die Wikipedia-Artikeltexte bzw. die Arbeitsblätter an das Niveau der Lerngruppe anzupassen und die Schreibstile in einer für die Schüler angemessenen Form zu thematisieren. Ich hatte geplant, vor der zweiten Schreibaufgabe eine Unterrichtseinheit durchzuführen, in der auf der Grundlage eines enzyklopädischen Textes gemeinsam ein journalistischer Text entwickelt und dadurch das Verständnis der Schüler für die Schreibstile gestärkt werden sollte. Wegen mehrerer Unterrichtsausfälle (Elternsprechtag, Projekttage etc.) konnte dieses Vorhaben nicht realisiert werden.